Im Februar veröffentlichte das Deutsche Institut für Normung mit der DIN 28177 einen normativen Standard für Maße und Werkstoffe sogenannter Dimple Tubes oder Strukturrohre zur Wärmeübertragung an verfahrenstechnischen Apparaten. Die nahtlosen oder geschweißten Rohre sind besonders für die Produktion von Rohrbündel-Wärmeübertragern und den Einsatz in Druckanwendungen geeignet. Solche Tubes aus unlegierten, legierten oder nichtrostenden Stählen zeichnen sich durch regelmäßige spheroidische Einprägungen (RSE) aus, die durch gezielte mechanische Umformung entstehen. In Form, Abmessung und Tiefe nach dem jeweiligen Anwendungszweck auslegbar, bewirken die strukturierten Rohrwände Turbulenzen im Strömungsmedium und verbessern so gegenüber Glattrohren die Wärmeübertragungsleistung ohne zusätzlichen Druckverlust drastisch. Laut Prof. Udo Hellwig, Geschäftsführer der Berliner ERK Eckrohrkessel GmbH, ist ein um bis zu dreimal höherer Wärmeübergang möglich, sodass die Abmessungen von Anlagen und Apparaten bei gleicher Leistung um die Hälfte bis zu zwei Drittel kleiner ausgelegt werden können. Auch der Materialbedarf und Produktionsaufwand schrumpfen. Zudem seien nach seinen Worten selbst bei starker Partikelbeladung von Rauchgasen durch die geringere Verschmutzungsneigung der Rohr-Oberflächen im Vergleich bis zu sechsfach längere Standzeiten zu erreichen.
1.000 Referenzen bestätigen die Vorteile
Die Berliner Verfahrenstechniker mit acht Jahrzehnten Erfahrung im Energietechnikbereich hatten die Strukturrohr-Entwicklung über Jahre vorangetrieben und wurden dafür schon 2016 mit dem „Deutschen Rohstoff-Effizienz Preis“ ausgezeichnet. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass die ERK in die zweijährige Arbeit des regelmäßig tagenden DIN-Ausschusses aus Wissenschaftlern, Industrieexperten und Anlagenbauern intensiv eingebunden war. Das Unternehmen lieferte umfangreiche Analysen zur Festigkeit dünnwandiger Rohre für diverse Geometrien, zur Begründung der geometrischen Präge-Formen sowie zum Funktionsnachweis der Tubes in praktischen Anwendungen und zur Wiederholbarkeit des Umformverfahrens. Demnach weisen die Strukturrohre eine ähnliche Festigkeit auf wie die bisher eingesetzten Rohre. Die Wirkung der Dimple Tubes sei inzwischen durch mehr als 1.000 Referenzen bei Konvektionsheizflächen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen nachgewiesen. Anwender können Rohrproduzenten künftig auf die neue DIN hinweisen und so von Effizienzsteigerungen profitieren.
Massentauglich
Die Dimple Tubes sieht Firmenchef Hellwig als klassisches Massenprodukt. Allein im Energiebereich läge der Bedarf für Wärmeübertragungstechnik zur Effizienzerhöhung der Abhitzenutzung im Hoch- und Niedertemperaturbereich jährlich „beim 10fachen Erdumfang“. Schon jetzt bewähren sich die Tubes aus der Produktion des erfahrenen Partnerunternehmens La Mont vor allem in Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen und im Kesselbau. Zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten böten sich für Reaktionstechnik in der chemischen Industrie, in der Metallurgie und selbst im Bauwesen, dem die extreme Biegesteifigkeit strukturierter Rohre ganz neue Anwendungsfälle und Einsparpotenziale eröffne. Die neue Norm half ERK zudem bei der Entwicklung eines innovativen Reformers zur Erzeugung von Methanol und Wasserstoff aus Erdöl sowie aus Biomasse: Der Verweis auf die DIN habe jegliche Diskussionen zu Sicherheitsaspekten mit dem bayerischen Auftraggeber sofort beendet, so Hellwig weiter. Damit sei das Ende wirtschaftlich wie ökologisch vorteilhafter Nutzungsmöglichkeiten aber lange nicht erreicht.