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Foto: Dada PhotoProfessionals / Schröder Group

Automatisierung

Software entlastet Hardware beim Schwenkbiegen

In der Automatisierung des Schwenkbiegens zeigt sich, wie wichtig Software für die Effizienz des Gesamtsystems ist.

Mit dem Advanced Handling System (AHS) hat die Hans Schröder Maschinenbau GmbH viele industrielle Blechbearbeiter überrascht, denn anstatt mächtiger, extern zu programmierender Handling-Roboter automatisiert ein schlankes, flexibles und komplett in die Schwenkbiegemaschine integriertes Handling-Modul den Biegeprozess und verdeutlicht den entscheidenden Faktor, nämlich die Software.

Anforderungen an die Automatisierung

„In der industriellen Blechbearbeitung wird die Automatisierung vorangetrieben. Nur so sind die Unternehmen in der Lage, die steigenden Kosten- und Qualitätsanforderungen effizient in den Griff zu bekommen. Wichtig ist aber, dass diese Automatisierung zugleich die flexible Fertigung in kleinen Losgrößen und schnelle Produktwechsel unterstützt“, erläutert Thomas Ostermaier, Leiter Vertrieb bei Hans Schröder Maschinenbau.

Der Fokus liegt auf der Reduzierung der Nebenzeiten

Eine Folge davon ist, dass sich der Fokus bei der Prozessoptimierung verschiebt. Während sich der Blick der Optimierer in der Serienfertigung vorrangig auf die Geschwindigkeit von Biegeprozess und Bearbeitung richtet, rücken bei der flexiblen Fertigung weitere Faktoren in den Fokus: komfortable Programmierung (offline und/oder an der Maschine), Datenübertragung, Flexibilität im Handling etc. Oftmals liegt mehr Potenzial darin, diese Nebenzeiten zu reduzieren, als beim Kernprozess des Biegens die Geschwindigkeit zu erhöhen. Damit wird die Software der Maschinen immer wichtiger.

Die richtige Software für jeden Bedarf

Die Schröder Group hat als Maschinenbauunternehmen bei seinen industriellen Schwenkbiegemaschinen sehr früh auf diesen Trend reagiert. Von Anfang an haben sich Entwickler des Unternehmens mit dem Aufbau eigener Steuerungen befasst. Ein Software-Team hat diese Steuerungen auf die Kinematiken und Möglichkeiten der eigenen Maschinen abgestimmt und zudem Bedienoberflächen für die verschiedenen Anwendungsgruppen entwickelt.

Ob Handwerker oder industrieller Maschinenbediener – heute findet jeder die für ihn geeigneten Steuerungen und Oberflächen, um über die Auswahl und Spezifizierung von Biegeoperationen das jeweils geforderte Programm für Schröder-Maschinen zu erstellen. In 3D-Simulationen wird den Anwendern detailliert visualisiert, wie sich Maschine, Biegewangen und Werkstück im Biegeprozess verhalten. Am Werkstück muss weder getestet noch eingefahren werden, das minimiert Fehler und Ausschuss.

Maschinenstillstand vermeiden

Schon in relativ frühen Versionen der Steuerungen war eine Offline-Programmierung möglich, sodass Anwender Biegeprogramme in der Arbeitsvorbereitung erstellen und erst kurz vor Beginn der Bearbeitung auf die Maschine laden konnten. Die Maschinen bleiben so frei für die Produktion. Zudem kann der Anwender kurzfristig entscheiden, auf welcher Schröder-Maschine in der Fertigung ein Produkt gefertigt werden soll. Dazu kommen CAM-Anbindungen, ERP/PPS-Schnittstellen und DXF-Konverter.

Schnelles Umrüsten der Werkzeuge

Die flexible Fertigung erfordert ein zügiges Umrüsten der Werkzeuge an Schwenkbiegemaschinen. Industrieschwenkbiegemaschinen wie die „SPB Evolution UD“ oder die „Power Bend Professional“ bieten hierfür eine drehbare Oberwange, die einen zweiten Werkzeugsatz für schnelle Wechsel bereithält. In den modernen Schröder-Maschinen der Evolution-Klasse sind automatische Werkzeugwechsler die Option für die hochflexible Blechumformung.

Beim Handling bietet das Schwenkbiegen Vorteile

Das „Advanced Handling System“ (AHS ) in Verbindung mit Up-and-Down-Biegewangen öffnet bei Schröder das Tor für das vollautomatisierte Blechbiegen. Speziell bei der Bearbeitung größerer Werkstücke hat das Schwenkbiegen Vorteile gegenüber dem Gesenkbiegen, weil das Werkstück auf einem festen Arbeitstisch aufliegt. Beim Schwenkbiegen reichen deshalb schlanke Manipulatoren aus, um das Blech über die Werkstückauflage zu bewegen und zu positionieren. Im Gegensatz dazu müssen beim automatisierten Handling der Bleche an einer Gesenkbiegepresse in der Regel große Handlingroboter eingesetzt werden. Und selbst gegenüber herkömmlichen Schwenkbiegezentren mit oberhalb der Werkstückauflage angeordneten Manipulatoren kommt das AHS mit einem im Arbeitstisch integrierten automatischen Positioniersystem für die Bleche aus.

Passgenaue Software selbst entwickeln

Was weniger offensichtlich ist: Auch beim AHS ist Software ein entscheidender Faktor. Für die Entwicklung des AHS kooperierte Schröder mit den Prozess- und Softwareexperten der WS Optics GmbH. Die erste gemeinsame Entwicklung war die Software „Schröder Unfold“, die aus CAD-Daten optimierte Abwicklungen und Zuschnitte berechnet. Als Export-File wird ein DXF zum Schneiden sowie ein Biegeprogramm erzeugt. Das Programm führt auch Benutzer ohne Vorkenntnisse von der 3D-CAD-Zeichnung zur exakten Abwicklung. Das Biegeteil wird automatisch für das Biegen auf einer Schröder-Maschine ausgelegt und beispielsweise mit den richtigen Biegeverkürzungen versehen.

Der Saugplattenanschlag positioniert das Blech

Der Saugplattenanschlag, den die Schröder Group erstmals 2015 präsentierte, ist der Ausgangspunkt für das „Advanced Handling System“. Der ursprüngliche Saugplattenanschlag erlaubte es, das Blech gegen die horizontal gestellte Biegewange anzuschlagen und von den Saugplatten fixieren zu lassen. Mit Hilfe der Up-and-Down-Biegewange konnten so alle Büge einer Seite automatisch ausgeführt werden, während das Blech vom Saugplattenanschlag vor- und zurückgefahren wurde.

Foto: Schröder Group
Das Advanced Handling System mit dem drehbaren Saugplattenteller

Einen smarteren Weg finden

Die Idee, die Ansaugvorrichtung auf einem drehbaren Teller unterzubringen, um so die Büge weiterer Seiten zu automatisieren, war dann fast naheliegend. Florian Sepp, Geschäftsführer und Mitbegründer von WS Optics, erklärt dazu: „Der Ansatz des klassischen Maschinenbauers wäre hier, eine sehr massive Mechanik zu bauen, um alle Blechgrößen und -maße präzise bewegen zu können – und dazu noch deutliche Sicherheitsreserven. Das Problem: Diese Architektur wird schnell teuer, langsam, anfällig und unflexibel. Wir wollten einen anderen, einen smarten Weg gehen.“

Was kann Hardware, was kann Software?

So wählten die Teams von Schröder und WS Optics einen anderen Ansatz: Was muss tatsächlich in Hardware realisiert werden? Und wie kann Software unterstützen? Konkret: Mit jeder Bewegung kann es zu Verschiebungen des Blechs auf der Platte kommen, die sich unter Umständen zu größeren Fehlern aufsummieren. Anstatt sich auf die Genauigkeit eines Motors und die Stabilität einer Fixierung blind zu verlassen, gibt man der Biegeprogrammsteuerung die Möglichkeit, die Position des Blechs über einen Soll-Ist-Vergleich zu kontrollieren und gegebenenfalls zu korrigieren. Schröder entwickelte ein System, das die erwarteten Daten der Blechposition mit der Kontrolle der realen Position über eine Lasertriangulation abgleicht. Diese Möglichkeiten von Software und Steuerung erlaubten es schließlich, das AHS extrem schlank zu konstruieren, ohne dabei an Präzision und Wiederholgenauigkeit zu verlieren.

Große und kleine Bleche vollautomatisch bearbeiten

Auf dem Schröder-Evo-Center können auf diese Weise große Blechformate bis 3.700 mm × 1.500 mm ebenso vollautomatisch bearbeitet werden wie 250 mm × 300 mm kleine Bleche. Ihre hohe Genauigkeit erreicht die Maschine dann über das synchronisierte Zusammenspiel von Hardware, Sensorik, Software und Steuerung. „Eine Steuerungssoftware, die selbstständig Messdaten erhebt und kontrolliert, ob Plan und Realität noch übereinstimmen und automatisch nachjustiert, ist der Schlüssel zur Prozesssicherheit in automatisierten Fertigungsschritten“, erklärt Florian Sepp.

Foto: Schroeder Group
Das Evo-Center führt komplette Biegeprogramme ohne manuellen Eingriff durch.

Die Softwareentwicklung ins Haus geholt

Hans Schröder Maschinenbau und WS Optics haben ihre Kooperation inzwischen weiter vertieft. So haben die Softwerker der WS Optics ihre Büros in die Schröder-Unternehmenszentrale im bayerischen Wessobrunn umgezogen und sitzen Tür an Tür mit dem Softwareteam des Maschinenbauers. Florian Sepp blickt voraus: „Unsere nächsten gemeinsamen Projekte drehen sich jetzt darum, das automatisierte Schwenkbiegen mit anderen Prozessen zu vernetzen und zu integrieren. Leistungsstarke, flexible Lösungen in der industriellen Blechumformung erfordern heute nicht nur eine gute Hardware, sondern auch deren intelligente Unterstützung über Software.“

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