Die gute Nachricht: Mittelständische Industrieunternehmen der Stahl- und Metallverarbeitung investieren. Bis 2027 planen rund 200 an einer aktuellen Umfrage des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) teilnehmende Unternehmen konkrete Investitionen von rund 1 Mrd. EUR. Ein Plus von 47 % gegenüber den Jahren 2016 bis 2019. Die schlechte Nachricht: Fast die gleiche Summe halten sie zurück. Noch schlechter: Rund ein Viertel der Mittel soll in Drittländer fließen. „Die Politik muss aktiv werden, um industrielles Know-how und Arbeitsplätze im Land zu halten“, fordert WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer.
Bekannte Baustellen schrecken ab
70 % des Kapitaleinsatzes kommen laut WSM-Umfrage dem Standort Deutschland zugute, aber 30 % fließen raus. In der EU landen nur noch gut 5 %, von mehr als 24 % profitieren Staaten außerhalb der europäischen Union. Die Pläne der über 200 Umfrageteilnehmer untermauern, dass die „Gespenster“ Abwanderung und Deindustrialisierung sehr real sind. „Unsere Fakten belegen: Viel Investitionskapital verlässt Deutschland, weil die Standortbedingungen zu schlecht sind“, betont Holger Ade, Leiter Industrie- und Energiepolitik beim WSM. Als Gründe nennen die Befragten bekannte Baustellen: Arbeitskräfte fehlen und sind zu teuer. Stromkosten sind nicht wettbewerbsfähig. Bürokratie und gesetzliche Rahmenbedingungen belasten. „Aus den Entscheidungsparametern bei der Standortwahl ergibt sich der politische Anforderungskatalog“, betont Ade.
Industrie zögert
Grund für das Zurückhalten einer weiteren Milliarde sei die Unsicherheit ob wirtschaftlicher Entwicklungen und politischer Rahmenbedingungen. „Die Regierung setzt die Leitplanken, sie müsste jetzt Investitionsanreize in Deutschland für die ‚gebunkerte‘ Milliarde schaffen“, so Ade. Christian Vietmeyer: „Wenn die Industrie bei Investitionen zögert, bleiben entscheidende Innovationen auf der Strecke.“ Leidtragende sind die Marke Deutschland als Industrienation, das Klima und die Arbeitnehmer. Die Politik riskiert viel, wenn sie auf ihren Baustellen nicht endlich anpackt. Kleiner Lichtblick; Erfreulich ist die Verschiebung von Ersatz- hin zu Erweiterungsinvestitionen. Während der Ersatz als Investitionsziel auf 24,3 % sinkt, wollen Unternehmen fast 44 % in den Ausbau ihrer Kapazitäten und knapp 10 % in ihre Energieeffizienz stecken.