„Ohne Walzrichtmaschinen wären die meisten Produkte, die aus einem Metallband hergestellt werden, überhaupt nicht verarbeitbar. Das liegt an der natürlichen Krümmung und verbleibenden Spannungen im Ausgangsmaterial - dem Coil“, berichtet Benjamin Schwabe, Geschäftsführer von GSW Maschinenbau. Sobald eine gewisse Materialdicke erreicht ist, muss die Coilkrümmung gerichtet werden, um unter Einhaltung von gegebenen Toleranzen Produkte herstellen zu können. Diesen Job erledigen Walzrichtmaschinen. Wenn das Produkt dazu noch besonders enge Toleranzen einhalten muss oder besonders gefährdet ist, sich im Prozess zu verziehen – dann braucht es besondere Richtmaschinen. Bei den sheet metal fans von GSW heißen solche Richtmaschinen Feinrichtmaschinen. Den Begriff erklärt Benjamin Schwabe damit, dass die Richtkassette „fein“ zugestellt wird – also im besonders flachen Winkel. Damit sollen Spannungen im Material gut verteilt werden können. Möglich wird der flache Winkel u.a. durch die große Anzahl Richtwalzen. Bei GSW gibt es Feinrichtmaschinen mit entweder 15 oder 21 Walzen (die 15-Walzen-Maschine wurde speziell für hochfeste Stähle für den Einsatz in Bandzuführanlagen entwickelt; bspw. für Zylinderkopfdichtungen). Eine 21-Richtwalzen-Feinrichtmaschine hat 11 Richtachsen, das bedeutet 11 Stellen, an denen das Material gezielt verformt wird. Die flache Einstellkurve wird neben der vielen Richtwalzen aber auch durch besonders kleine Richtwalzendurchmesser und enge Abstände von Walze zu Walze ermöglicht. Bei der Feinrichtmaschine, die im Vlog vorgestellt wird, beträgt der Richtwalzen-Durchmesser 32 mm und der Achsabstand nur 36 mm. Damit genügt schon ein Eintauchen von 0,5-2 mm, um für nahezu alle in der Maschine verarbeiteten Materialien optimale Richtergebnisse zu erzielen, so Benjamin Schwabe. Von Ein- zu Auslauf betrachtet, bedeutet das einen Zustellwinkel von unter 1°.
Optimale Richtergebnisse erreichen
Optimale Richtergebnisse werden dann erreicht, wenn etwa 3 % des Materialquerschnitts plastifiziert werden können (also dauerhaft verformt). Diesen Quotienten ermittelt man durch das Verhältnis von Richtwalzendurchmesser zu Materialdicke. Bei der Feinrichtmaschine im Vlog bedeutet das die Erreichung des Optimums ab ca. 0,95 mm Materialdicke. Benjamin Schwabe fasst zusammen: „Ab 1 mm macht die Maschine mit dem Material, was sie will“. Das bedeutet, dass in Verbindung mit einer langen Richtstrecke – also einer sinnvoll großen Anzahl von Richtachsen – eine vollständige Verteilung der im Material verbleibenden Restspannungen entsteht. Dies mache Feinrichtmaschinen für die oben angesprochenen schwierigen oder eng tolerierten Produkte so wertvoll. Denn „wertvoll“ sind solche Maschinen. Benjamin Schwabe betont, dass der erforderliche technologische Einsatz die Maschinen vergleichsweise teuer machen würden. „Wer da das viele Geld ausgibt, will, dass der Hersteller die Technologie beherrscht“. Die Sheet metal fans machen deshalb nicht nur die Richtmaschine mit Richtkassette, Maschinenständer und Anbaukomponenten, sondern auch das notwendige Verteilergetriebe selbst, so Schwabe weiter.
Keine Umlaufschmierung nötig
Die Gelenkwellen der GSW-Anlagen sind dauergeschmiert. Man benötigt daher keine zusätzliche Umlaufschmierung, die aufwendiger Abschirmung und Pflege bedarf. Benjamin Schwabe erinnert sich an eine Anekdote dazu: „2007 war ich noch jung und in Belgien unterwegs. Dort hatten wir einem renommierten Büromöbel-Hersteller eine große Bandanlage mit Feinrichtmaschine angeboten. Um ihn von den Vorteilen der GSW-Technologie zu überzeugen, erzählte ich ihm von unseren speziellen Gelenkwellen. Daraufhin führte er mich in seine Fertigung und sagte, dass ich mich umsehen solle, alle unsere Wettbewerber würden mit Umlaufschmierung arbeiten. Er war verwundert, dass wir es anders machen wollen. Da war ich natürlich gefordert und versprach, dass wenn innerhalb des ersten Jahres eine Gelenkwelle bricht, wir kostenlos eine Ölumlaufschmierung nachrüsten. Der Kunde schenkte uns sein Vertrauen, nachrüsten mussten wir nicht.“ Eine Besonderheit bei GSW sei noch die Effizienz, mit der das Spiel aus der oberen, beweglichen Richtkassette gedrückt wird. GSW benutzt dafür keine großen Rahmen mit Stahlfedern, sondern setzt eine kompakte Lösung mit leistungsstarken Gasdruckfedern zu diesem Zweck ein. GSW bietet Feinrichtmaschinen nach eigenen Angaben grundsätzlich ohne Leistungslimit an. Für Sichtmaterialien gibt es darüber hinaus eine Ausführung mit Zwischenwalzen – die sog. „6-high“ Richtkassette. Dort treffen die Abstützrollen nicht direkt auf die Richtwalze, sondern auf eine dazwischenliegende vollbreite Walze. Dadurch werden Laufspuren effektiv vermieden. GSW setzt dabei auf eine glatte Ausführung der Walzenoberfläche und bietet ein einfaches Reinigungssystem mit einem vollbreiten Hartfilz an.
